Wer ein Zimmer in der WG an Geflüchtete vermieten möchte, merkt schnell, dass das gar nicht so einfach ist. Wer es dennoch versuchen möchte, kann sich unterstützen lassen.
Viele Freiburger Studierende wollen aktiv dabei mithelfen, dass Geflüchtete sich gut in ihrer neuen Heimat einfinden können. Aber auf eine langatmige Auseinandersetzung mit den Behörden will sich wohl keiner gerne einlassen. Genau das hat jedoch Germanistik-Studentin Anna erlebt.
“Und dann hieß es plötzlich, dass das Ganze doch nicht klappt, dass die Miete doch nicht übernommen wird”, sagt Anna in der Küche ihrer beschaulichen 2-Zimmer-WG im Stühlinger. Seit kurzem lebt sie zusammen mit ihrem neuen Mitbewohner Mehdi*, der aus Tunesien geflüchtet ist und jetzt in Freiburg arbeitet.
Als Annas frühere Mitbewohnerin ausgezogen ist, hat sie die Anzeige für ein freies Zimmer online bei wg-gesucht eingestellt. “Es haben sich dann gefühlte Millionen von Menschen gemeldet. Ein paar habe ich eingeladen und Mehdi eben auch. Er hatte mir freundlich geschrieben, sehr ehrlich und offen. Nachdem er hier war, dachte ich mir, der ist sympathisch, das läuft, machen wir das.”
Auch beim Vermieter muss angefragt werden
Womit sie nicht gerechnet hatte, war der Behörden-Stress, der auf diese Entscheidung folgte, denn Mehdi musste finanzielle Unterstützung beantragen, um für das Zimmer aufkommen zu können. Dabei ist auch der Einsatz des Vermietenden gefragt.
Bevor Mehdis Miete übernommen werden konnte, verlangte das Amt für Migration von Anna zahlreiche Unterlagen. So musste sie zunächst einen Untermietvertrag aufsetzen, eine schriftlichen Erlaubnis ihres Vermieters einholen, dass er mit der Untervermietung einverstanden war, und sie musste die Nebenkosten pro Person genau auflisten. “Das war dann erstmal eine ganz schöne Rechenaufgabe”, sagt Anna. Bisher habe sie das Ganze lockerer mit ihren Mitbewohnern gehandhabt und alle Kosten einfach halbiert.
Geplant war der Einzug für den 1. April. Die Anträge waren ausgefüllt, die Dokumente abgeschickt, aber die Rückmeldung der Behörden lies bis Mai auf sich warten. “Da dachte ich dann auch: Super, jetzt habe ich einen ganzen Monat Mietausfall”, sagt Anna.
Ganz nach dem Prinzip der Stillen Post hatte Anna selbst keinen persönlichen Kontakt mit den Behörden. Rückmeldungen kamen nie schriftlich, Unterlagen wurden indirekt gefordert. “Das Amt sagt der Betreuerin, welche Dokumente sie wollen, die sagt es Mehdi, der sagt es mir und ich durfte dann alles regeln, aber was genau und wieso überhaupt, das kam dann bei mir nicht mehr an”.
Am Ende lief alles gut, Mehdis Miete wurde übernommen und er konnte im Mai einziehen, einen Monat später als geplant.
“Flüchtlinge Willkommen” bietet Unterstützung
Diejenigen, die sich überlegen, ein WG-Zimmer anzubieten, können Unterstützung finden. Spezialist in Sachen WG mit Geflüchteten ist die Organisation „Flüchtlinge Willkommen“. Flüchtlinge Willkommen bringt „Wohnraumgebende und geflüchtete Menschen zusammen, um ein privates Zusammenleben zu initiieren“.
Wer ein Zimmer frei hat, kann es auf der Website einstellen. Die Organisation mit Sitz in Berlin vermittelt dieses dann an geflüchtete Menschen in verschiedenen Städten und in allen Lebenssituationen – nicht nur an Studierende. Darüber hinaus ist das Team auch Ansprechpartner für Fragen, die zum Wohnen mit Geflüchteten aufkommen können. Außerdem hilft die Organisation bei der Kostenübernahme durch die Ämter. Dabei stehen sie den WGs und den geflüchteten Mitbewohnern mit Rat und Tat zur Seite, zum Beispiel beim Entwurf des Mietvertrags. Seit der Gründung 2014 kamen durch Flüchtlinge Willkommen nach eigenen Angaben in ganz Deutschland schon 393 WGs zusammen. Auf die Idee kamen die Gründer Mareike Geiling und Jonas Kakoschke zusammen mit Golde Ebding, nachdem sie selbst eine geflüchtete Person in ihrer WG aufgenommen hatten und aus ihrer Privatinitiative eine bundesweite Plattform machen wollten.
Hilfe in Freiburg für WGs und Geflüchtete
Auch in Freiburg gibt es eine Lokalgruppe von „Flüchtlinge Willkommen“. Die vier Teammitglieder begleiten zum Beispiel auf Anfrage WGs bei ihrem ersten Kennenlerngespräch. Wer mit einer geflüchteten Person eine WG gründen will, kann per E-Mail Kontakt zur Freiburger Lokalgruppe aufnehmen. Derzeit sind keine Studierenden an Bord, aber neue Leute sind im Team immer herzlich willkommen.
Aber nicht nur Zimmerbietende finden Unterstützung bei Fragen zum Wohnen. Für Geflüchtete, die an der Uni Freiburg studieren, ist die erste Anlaufstelle das Studierendenwerk Freiburg-Hochschwarzwald (SWFR). Das SWFR bietet eine Sozial-, Gesundheits-, Rechts- und Finanzierungsberatung. Immatrikulierte Geflüchtete können sich außerdem über das SWFR auf einen Platz im Wohnheim bewerben und die Privatzimmervermittlung nutzen.
*Name von der Redaktion geändert
Info
Mehr Infos gibt es auf der bundesweiten Website von Flüchtlinge Willkommen.
Die Freiburger Lokalgruppe Flüchtlinge Willkommen kann über diese Email-Adresse kontaktiert werden: freiburg@fluechtlinge-willkommen.de
Mehr zu den Angeboten des Studierendenwerks Freiburg-Hochschwarzwald für Geflüchtete findet ihr auf der Website des SWFR.
Der Beitrag und das Foto wurden von Elena Schuster im Rahmen des ZfS-Seminars “Online-Journalismus am Beispiel von uniCROSS” unter der Leitung von Silvia Cavallucci erstellt.
Veröffentlicht am 1. August 2017